Kameras werden nicht schlechter. Hat man vor Jahren mit dieser Kamera ansprechende Bilder gemacht, so kann das Gerät auch heute noch Bilder dieser Qualität produzieren. Aber die Welt hat sich weitergedreht. Und da vergleicht man zwangsläufig mit dem heutigen Stand der Technik.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das Smartphone zwischenzeitlich für einen legitimen Fotoapparat halte. Klein und stets dabei, bedient es heute selbst gehobene Qualitätsansprüche. Haptik und Spass beim Fotografieren sind eine andere Sache und nicht Gegenstand dieser Zeilen.
Nachdem ich mir beim Hinsetzen in einer engen Jeans vor Jahren einmal schmerzhaft das 6-Zoll-Handy aus der Hosentasche in die Leiste rammte, wechselte ich auf ein kleineres Gerät. Das kompakte iPhone SE benutze ich nun bereits seit 2017, da es selbst heute noch von Apple mit Softwareupdates versorgt wird. Es ist das originale SE und nicht die 2020er-SE-Version! Die verbaute Kamera wurde mit jeder Softwareversion gefühlt ein Stück besser. Während Firmwareupdates auf herkömmlichen Kameras meist nur die Kompatibilität neuer Objektive gewährleisten sollen, wurden die Algorithmen der kleinen Handykamera immer wieder verbessert. Und so muss das in die Jahre gekommene Smartphone auch heute noch für Schnappschüsse herhalten; auch wenn es zwischenzeitlich den aktuellen Modellen deutlich unterlegen ist.
Im Sommer und vor der Ferienzeit keimt der Wunsch, auch unterwegs etwas mehr Kamera als nur dieses Smartphone dabeizuhaben. In den letzten Jahren kamen günstig ersteigerte Outdoorkameras dazu, die ich nach der Saison wieder verlustfrei verkaufte. Ein schönes Auktionsbild und eine ehrliche Beschreibung verhelfen auf eBay stets zu einem guten und verlustfreien Wiederverkauf. Die kleinen Geräte sollten dabei nie eine System- oder Spiegelreflexkamera ersetzen. Vielmehr sollten sie „das fotografische Besteck“ abrunden, ohne dabei groß Rücksicht auf das Gerät selbst nehmen zu müssen. In der Satteltasche oder Rucksack haben sich diese widerstandsfähigen Kleinen gegen Sand, Regen und auslaufende Getränkeflaschen bewährt.
Vor ein paar Tagen bin ich dem jährlichen Ritual bzw. meinem Spieltrieb erlegen. Ich habe mir für 40,- EUR (inkl. Porto) eine gebrauchte RICOH WG-30 ersteigert. Grundsätzlich in einem guten Zustand, sind leichte Kratzer auf dem Display für eine Outdoorkamera meines Erachtens keine Schande. 😉 Heute habe ich die kleine Kamera, die bereits 2014 auf den Markt kam, mit meinem iPhone verglichen. Ja, ein Vergleich „Alt“ gegen „Alt“ – aber vielleicht trotzdem interessant.
Die RICOH WG-30 besitzt einen winzigen CMOS-Sensor mit 16 Millionen Pixeln (MP). Gegenüber den 12 MP des iPhones ein kleiner Vorteil. Auch optischer Zoom und ein „richtiger“ Blitz sprechen für die wasserdichte RICOH. Interessant sind auch die ringförmig angeordneten LEDs am Objektiv. Bei Makroaufnahmen mit 1cm Naheinstellgrenze werden Objekte somit nicht von der Kamera automatisch verschattet und künstlich beleuchtet. Makroaufnahmen habe ich nicht getestet; dafür aber ein paar Landschaftsaufnahmen an der Elbe.
Das iPhone legt hier im Automatikmodus mit einer kontrastreichen und leicht überschärften Aufnahme vor (alle Aufnahmen auf 1.600 Pixel verkleinert):
Auch an der RICOH WG-30 beträgt der Weitwinkel 28mm. Die Aufnahmen sind vom Blickwinkel somit identisch. Die robuste RICOH wurde ebenfalls im Automatikmodus und dem Bildstil „leuchtend“ benutzt. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick sehr nah am iPhone. Die WG-30 schärft intern weniger nach. Auch ganz so bunt wie das iPhone nimmt das rote Exemplar nicht auf. Man kann in den Einstellungen jedoch noch zusätzliche Schärfe und kräftigere Farben aktivieren. Die RICOH liefert nur JPGs. RAW-Aufnahmen sind mit diesem Modell nicht möglich:
Für die Pixelpeeper unter Euch schauen wir uns mal die Elbbrücke im Hintergrund genauer an. Zuerst ein Ausschnitt aus der iPhone-Aufnahme; danach die RICOH:
Der Ausschnitt zeigt es deutlich. Die iPhone-Aufnahme ist „out of Cam“ etwas schärfer. Auch das sichtbare Rauschen ist im Vergleich zur RICOH geringer. Aber mal ehrlich; sinnvoll verwenden kann man beide Ausschnitte nicht. Für ein formatfüllendes Bild der Brücke hätte ich mich wieder auf den Sattel des Fahrrads schwingen und weiter an das Bauwerk heranfahren dürfen. Aber richtig, da war ja noch etwas: Die RICOH ist nicht nur stossfest und bis 12 Meter wasserdicht. Sie hat ein Zoomobjektiv und kann bis umgerechnet 140mm optisch vergrößern. Das sieht dann schon besser aus:
Im Vergleich zum Ausschnitt bzw. der digitalen Vergrößerung ist die Aufnahme wesentlich schärfer. Hier hat die RICOH im direkten Vergleich zu meinem Smartphone eindeutig die Nase vorn. Aber auch nur, weil mein Telefon nur diese eine 28mm-Linse und kein Telezoom bzw. keinen optischen Zoom hat. Es ist schön, diese Möglichkeit zu besitzen. Aber ob man sie benötigt und einsetzt, ist Ansichtssache. Und richtig knackig sieht die Zoom-Aufnahme aus der RICOH auch nicht aus. Bei bewölktem Himmel wirkt die Aufnahme doch flau und verrauscht. Hier fordert der winzige Sensor dann doch seinen Tribut. Aber ich möchte fair bleiben und daran erinnern: die RICOH WG-30 ist eine kleine Outdoorkompakte aus dem Jahre 2014! Dies in Erinnerung gerufen, erscheinen die Bilder der RICOH durchaus passend.
Ein kleiner Elbarm musste dann auch noch einmal für einen Vergleich herhalten:
Auch hier wirkt die iPhone-Aufnahme etwas kontrast-und detailreicher. Für Instagram und Co. sind die Aufnahmen mehr als ausreichend. Die RICOH ist ab Werk dezenter eingestellt und kann erst in der Nachbearbeitung durch Nachschärfen und einfache Anpassungen ein vergleichbares Ergebnis liefern. Einige Bereiche des Himmels sind in der RICOH-Aufnahme ausgebrannt. Hier hätte nur ein Wechsel in den manuellen Modus und eine Belichtungskorrektur zu einem besseren Bild verholfen.
**Mein Fazit:** Es ist und bleibt Spielerei. Wirkliche Bildvorteile bietet die RICOH nur bei Verwendung des optischen Zooms. Da die meisten meiner Aufnahmen eher weitwinklig ausfallen, bleibt hier nur der Vorteil, eine robuste und preiswerte Kamera zu besitzen. Wenn diese am Strand mal geklaut wird, während man im Wasser ist, dann ist dies immer noch besser als der Verlust des Telefons und kein Weltuntergang. Anderseits ist dieser Fall schon wieder sehr konstruiert, da man das Handy meist doch dabei hat. Ich werde den Sommer sicherlich meinen Spass mit der roten WG-30 haben. Wenn Ihr sie dann im Herbst in eBay trefft, sollte Euch dies nicht überraschen.
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